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Datum:31.10.03
Titel:Schlagabtausch ueber die Ursachen des Treibhauseffekts - zurueck zur sachlichen Diskussion
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Details1:Informationsdienst Wissenschaft - idw - - Pressemitteilung
Ruhr-Universitaet Bochum, 31.10.2003

Schlagabtausch ueber die Ursachen des Treibhauseffekts - zurueck zur
sachlichen Diskussion

Mit einer Breitseite haben deutsche Klimatologen als Unterzeichner einer
Presseinformation des Potsdamer Instituts fuer Klimafolgenforschung
(PIK) am 24.10.2003 den Bochumer Geochemiker und Sedimentologen Prof.
Dr. Jan Veizer und den israelischen Astrophysiker Prof. Dr. Nir Shaviv
oeffentlich angegriffen. Damit entziehen sich diese deutschen
Klimatologen nach Ansicht von Veizer und Shaviv einer Kontroverse auf
wissenschaftlicher Ebene und tragen sie stattdessen in die Medien.


Bochum, 31.10.2003
Nr. 334

Schlagabtausch ueber die Ursachen des Treibhauseffekts
Veizer und Shaviv wehren sich gegen Unterstellungen
Zurueck zur sachlichen Diskussion in der Klimaforschung

Mit einer Breitseite haben deutsche Klimatologen als Unterzeichner einer
Presseinformation des Potsdamer Instituts fuer Klimafolgenforschung
(PIK) am 24.10.2003 den Bochumer Geochemiker und Sedimentologen Prof.
Dr. Jan Veizer und den israelischen Astrophysiker Prof. Dr. Nir Shaviv
oeffentlich angegriffen. Damit entziehen sich diese deutschen
Klimatologen nach Ansicht von Veizer und Shaviv einer Kontroverse auf
wissenschaftlicher Ebene und tragen sie stattdessen in die Medien.

Vorgeschichte

Unter der Ueberschrift "Himmlischer Treibhauseffekt" hatte die
Pressestelle der Ruhr-Universitaet Bochum am 1. Juli 2003 die These von
Veizer/Shaviv referiert, kosmische Strahlung sei moeglicherweise die
treibende Kraft der Erwaermung und Abkuehlung des Klimas
(http://www.pm.ruhr-uni-bochum.de/pm2003/msg00202.htm). Quelle dieser
Presseinformation war die wissenschaftliche Studie der beiden in der
Zeitschrift "GSA Today" der Geological Society of America vom 1. Juli
2003, einem der renommiertesten wissenschaftlichen Journale fuer
Geowissenschaftler. Ohne die Thesen von Veizer und Shaviv
wissenschaftlich genau zu ueberpruefen und Gegenargumente in einem
referierten wissenschaftlichen Journal zu veroeffentlichen, werfen ihnen
nun jene deutschen Klimatologen "aeusserst fragwuerdige Methoden" vor,
sprechen von "spekulativen Daten" "unhaltbaren Schluessen", "keinen
neuen Erkenntnissen". Gegen diese Behauptungen wehren sich Shaviv (1)
und Veizer (2) mit folgenden sachlichen Texten:

1. Nir Shaviv: "Ich habe den Text, den die Unterzeichner geschrieben
haben, sorgfaeltig gelesen und war von ihm recht bestuerzt. Erstens ist
es merkwuerdig, dass sie sich entschieden haben, eine wissenschaftliche
Debatte mittels Pressemitteilungen zu fuehren. Zwar glaube ich, dass
diese Debatte fuer die Oeffentlichkeit von Interesse ist, aber das Wesen
des gewaehlten Mediums erlaubt es ihnen, Anschuldingungen vorzubringen,
ohne bestaetigende Belege zu praesentieren. Dies ist wohl kaum eine
wissenschaftliche Herangehensweise, was durch allgemeine Behauptungen
wie beispielsweise "methodisch sehr zweifelhaft" verschlimmert wird. Um
so einer Behauptung entgegenzutreten, muessten wir zeigen, dass alle von
uns unternommenen Schritte sorgfaeltig durchgefuehrt wurden.
Selbstverstaendlich kann ich nicht 75 Zeitschriftseiten mit einer
detaillierten Analyse, die in sechs Artikeln veroeffentlicht und von
zehn Gutachtern beurteilt wurde, zusammenfassen. Ich werde jedoch
zeigen, dass bestimmte Bedenken unzutreffend sind.

So demonstriert zum Beispiel die Behauptung "Die Rekonstruktion der
kosmischen Strahlung basiert nur auf 42 Funden von Meteoriten, die von
anderen Experten anders beurteilt werden" das oben Gesagte. Erstens
basiert die Rekonstruktion auf 50 und nicht 42 Meteoriten. Dies ist ein
untergeordneter Punkt, aber er zeigt, dass sie nur die erste Analyse
gelesen haben, die in einer Kurzmeldung veroeffentlicht wurde, und nicht
die darauf folgende 30-seitige Veroeffentlichung, welche die
Rekonstruktion des kosmischen Strahlungsflusses detailliert beschreibt.
Zweitens haben sie nicht erwaehnt, dass man auch auf einem voellig
unabhaengigen Weg, indem man naemlich die Dynamik galaktischer
Spiralarme beobachtet, dieselbe Periodizitaet und Phase erhaelt. Man
kann deshalb die Meteoriten-Daten komplett wegwerfen und dennoch zu
derselben Schlussfolgerung gelangen. Dies macht die Rekonstruktion des
kosmischen Strahlungsflusses recht robust, da sie auf zwei unabhaengigen
Methoden basiert. Drittens, wenn es "voellig andere Interpretationen von
anderen Experten" gibt, warum wurden diese in wissenschaftlichen (oder
auch nichtwissenschaftlichen) Medien nicht veroeffentlicht. Offenbar
gibt es keine andere, konsistente Erklaerung fuer die Daten.

Ein weiteres Beispiel: Die Behauptung "Die beiden Kurven zeigen nur
deshalb einen statistischen Zusammenhang, weil die Zeitskala der
kosmischen Daten willkuerlich so weit gestreckt wurde, bis eine
Uebereinstimmung sichtbar wird" ist einfach falsch. Die Rekonstruktion
des kosmischen Strahlenflusses liefert eine Periodizitaet von 143 +/-10
Myr (Millionen Jahre). Da die rekonstruierte tropische Temperatur eine
Periodizitaet von 135 +/-9 Myr zeigt, stimmen beide Signale auch ohne
"willkuerliches Strecken" ueberein. Ebenfalls interessant ist, dass die
Phasen der Signale innerhalb der Messunsicherheit uebereinstimmen.

Ein letztes Beispiel: Die Behauptung "Selbst wenn es massgeblich waere,
wuerde dieser Zyklus (mit drei Grad Erwaermung in 70 Millionen Jahren)
eine Erwaermung von rund einem Millionenstel Grad in 20 Jahren
verursachen" ist einfach nicht relevant. Was wir zu zeigen bestrebt
sind, ist, dass die kosmischen Strahlen das Klima auf geologischen
Zeitskalen als Ergebnis der sich veraendernden galaktischen "Geographie"
zu beeinflussen scheinen. Wenn dieses Ergebnis richtig ist, dann wird
die globale Erwaermung nicht durch den langsam veraenderlichen Fluss
ausserhalb des Sonnensystems bewirkt, sondern entsteht durch
Modulationen durch den solaren Wind, von dem man weiss, dass er den
kosmischen Strahlungsfluss, der die Erde erreicht, beeinflusst. So
sollte speziell die gestiegene solare Aktivitaet des vergangenen
Jahrhunderts zu einem schnellen Anstieg der globalen Temperatur fuehren,
der mehr als die Haelfte der beobachteten Erwaermung erklaert.

Ich koennte so fortfahren, aber ich denke, dass mein Anliegen deutlich
geworden ist. Ein interessierter Leser sollte kein einziges Wort, das
ich oder einer der Unterzeichner in nicht-wissenschaftlichen Medien
schreiben, als erwiesen ansehen. Stattdessen sollte er sich
wissenschaftliche Artikel und Gegenartikel anschauen und kritisch
beurteilen. Man sollte sich auch immer den in diesen wissenschaftlichen
Artikeln zitierten Fehler anschauen. Es koennte erhellend sein. Die
Unterzeichner schreiben, dass die Verdoppelung von CO2 in Modellen des
IPCC zu einer Erwaermung von "1.5 bis 4.5 Grad Celsius" fuehren wuerde.
In unserer Veroeffentlichung finden wir, dass die obere Grenze (bei 90 %
Sicherheit) fuer die Verdoppelung des CO2 bei ungefaehr 1.5 Grad liegt
(zumindest auf geologischen Zeitskalen). Unsere Ergebnisse stimmen somit
nur mit dem oberen Bereich der Behauptungen des IPCC nicht ueberein.

Dr. Nir J. Shaviv
Racah Institute of Physics, Hebrew University, Jerusalem"

2. Veizer: "In einer Pressemitteilung vom 24. Oktober
(http://idw-online.de/public/zeige_pm.html?pmid=71073), denunzierte eine
Gruppe von Wissenschaftlern unsere Veroeffentlichung in GSA Today (1.
Juli 2003) als "wissenschaftlich nicht haltbar" und "auf aeusserst
fragwuerdigen Methoden" beruhend, sie solle das "fundierte Wissen" ueber
den menschlichen Einfluss auf das Klima "in keiner Weise in Frage
stellen".

Es betruebt mich, dass die Debatte auf dieses Niveau gesunken ist, aber
dies ist symptomatisch fuer die gesamte Atmosphaere rund um das Thema
Klimaveraenderung. Ein persoenlicher Angriff gegen andere Forscher, den
ein Autor des Potsdamer Instituts fuer Klimafolgenforschung (PIK)
juengst in "Die Zeit" veroeffentlichte, ist ein weiteres Beispiel
dafuer. Ich moechte mich aus der spaltenden oeffentlichen Diskussion
politischer Konsequenzen (Kyoto) heraushalten und wuerde es mir nicht
einfallen lassen, die wissenschaftliche Integritaet von
IPCC-ueberzeugten Forschern anzugreifen, obwohl auch diese Modelle eine
Fuelle an Schwachpunkten haben (Wolken, Biologie ...) und Voraussagen
hervorbringen, die mit der Realitaet nicht uebereinstimmen (Ballons und
Satelliten zeigen keine Erwaermung der Troposphaere, die Antarktis und
Groenland kuehlen sich vielmehr ab ...). Beachten Sie ausserdem, dass in
antarktischen Eisbohrkernen - die die Unterzeichner als hauptsaechliche
Bestaetigung der Treibhaustheorie anfuehren - die CO2-Konzentration erst
Jahrhunderte nach dem Temperaturanstieg zu steigen beginnt.
Nichtsdestotrotz haben wir diesen Ursache-Wirkungs-Zusammenhang in GSA
Today als eine offene Frage behandelt, denn wir wollen die
Forschungsergebnisse, die klimatische Veraenderungen den Treibhausgasen
zuschreiben, nicht herabsetzen. Genau dies geschieht jedoch
bedauerlicherweise oft mit den Entwuerfen alternativer Szenarios. Das
Argument, unsere Ergebnisse wuerden von anderen missbraucht, kann den
persoenlichen Angriff auf unsere wissenschaftliche Integritaet kaum
rechtfertigen. Wird nicht letzten Endes die Forschung der Unterzeichner
auf genau dieselbe Art und Weise instrumentalisiert, wenn auch fuer eine
andere Sichtweise?

Mein Co-Autor Dr. Shaviv hat auf die Punkte geantwortet, die
astrophysikalische Fragen betreffen. Was den geologischen Teil der
Arbeit betrifft: Er erforderte Jahre der Datensammlung durch viele
Forscher, die hauptsaechlich durch den Leibniz Preis der Deutschen
Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert wurde, und die Kurve basiert auf
rund 4500 aufwaendigen Messungen. Darueber hinaus ist unsere die einzige
umfassende phanerozoische Datenbank, die derzeit verfuegbar ist und eine
gute Uebereinstimmung zwischen unseren Resultaten und den Klima-Aussagen
aus den Sedimenten ergibt (s. http://www.scotese.com/climate.htm). Das
CO2-Modell (IPCC, S. 40, Abb. 10 e und f) widerspricht komplett den
aktuellen Beobachtungen. Also sind Tausende von Messungen, die durch
Beobachtungen gestuetzt werden, "fragwuerdig", waehrend das theoretische
Konstrukt, das der Realitaet wiederspricht, die Erwaehnung im
zusammenfassenden IPCC-Kapitel verdient. Die Andeutung, unsere Kurven
waeren so lange verschoben worden, so dass sie passen, ist eben das:
eine unbegruendete Unterstellung. Dr. Shaviv und wir haben unsere
Ergebnisse unabhaengig voneinander in fuehrenden Zeitschriften
publiziert, ohne ueberhaupt von der Arbeit des anderen gewusst zu haben.
Ich lade die Leser ein, unsere Veroeffentlichungen gruendlich
durchzulesen und sich selbst zwischen dem zu entscheiden, was wir
behaupten und dem, was die Unterzeichner uns unterstellen.

Als Wissenschaftler sind wir nicht unfehlbar, und unsere Ansichten
koennen irgendwann einmal widerlegt werden, aber das sollte durch
sachliche Forschung geschehen und nicht durch Angriffe auf unsere
wissenschaftliche Integritaet in Presseinformationen.

Prof. Dr. mult. Jan Veizer FRSC, Institut fuer Geologie, Mineralogie und
Geophysik der Ruhr-Universitaet Bochum und Ottawa - Carleton Geoscience
Center, University of Ottawa, Canada."

Weitere Informationen

Prof. Dr. mult. Jan Veizer, Fakultaet fuer Geowissenschaften der
Ruhr-Universitaet Bochum, 44780 Bochum, NA 2/125, Tel. 0234/32-28250,
Fax: 0234/32-14571, E-Mail: jan.veizer@ruhr-uni-bochum.de



Weitere Informationen finden Sie unter:
http://www.pm.ruhr-uni-bochum.de/pm2003/msg00202.htm
http://idw-online.de/public/zeige_pm.html?pmid=71073
http://www.scotese.com/climate.htm

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Mit freundlichen Gruessen

Dr. Josef Koenig
RUB - Ruhr-Universitaet Bochum
- Pressestelle -
44780 Bochum

Tel: 49 234 32-22830, -23930
Fax: 49 234 32-14136
Josef.Koenig@ruhr-uni-bochum.de

Schauen Sie doch bei uns mal rein:
http://www.ruhr-uni-bochum.de/pressestelle

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Art: ueberregional, Forschungsergebnisse, Wissenschaftspolitik
Sachgebiete: Biologie und Biotechnologie, Geowissenschaften, Mathematik
und Physik, Oekologie

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