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Datum:01.10.04
Titel:idw v. 01.10.2004: Temperaturschwankungen des letzten Millenniums wahrscheinlich groesser
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Details1:Informationsdienst Wissenschaft - idw - - Pressemitteilung
GKSS-Forschungszentrum Geesthacht GmbH, 01.10.2004

Temperaturschwankungen des letzten Millenniums wahrscheinlich groesser
als bisher angenommen


Uebliche Methoden zur Rekonstruktion vergangener Klimaveraenderungen,
die auf der Analyse von sogen. Proxydaten fuer das Palaeoklima (u. a.
von Baumringen, Korallen und Eiskernen) beruhen, unterschaetzen
wahrscheinlich die tatsaechlichen Temperaturschwankungen um einen Faktor
bis zu 2, moeg-licherweise sogar noch mehr. Diese Schlussfolgerung
ergibt sich aus der Studie einer internationalen Forschergruppe
koordiniert von Prof. Dr. Hans von Storch, Leiter des Instituts fuer
Kuestenforschung des GKSS Forschungszentrums in Geesthacht. Sie wurde
auf der Grundlage von Methoden zur Klimarekonstruktion und
Computer-Simulationen des Klimas des letzten Millenniums erstellt.
Ergebnisse dieser Studie wurden jetzt in der Zeitschrift "Science"
veroeffentlicht.

Die vorgestellte Studie stellt eine Neuabschaetzung der vergangenen
Temperatur-Schwankungen dar. Sie stellt weder Behauptungen in Frage
hinsichtlich der Identifizierung von Signalen der von Menschen gemachten
Klimaaenderungen in den letzten Jahrzehnten, die auf der Geschwindigkeit
der Veraenderungen beruhen, noch hinsichtlich wahrscheinlicher oder
moeglicher zukuenftiger Klimaaenderungen.

Das Ergebnis ist von weitreichender Bedeutung, da
Temperatur-Rekonstruktionen, die auf Proxy-Daten basieren, benutzt
werden, um den Klimawandel der letzten 1000 Jahre abzuschaetzen,
besonders durch das Intergovernmental Panel on Climate Change in seinem
Third Assessment Report. Die neuen Ergebnisse zeigen, dass solche
Rekonstruktionen, die ueblicherweise benutzt werden, um die juengsten
extremen Klimaaenderungen hervorzuheben, wahrscheinlich irrefuehrend
sind. Sie unterschaetzen die Temperaturschwankungen von Jahrhunderten
moeglicherweise ganz erheblich.

Vor Beginn der beobachteten Erwaermung der letzten 150 Jahre durchliefen
die Temperatur-Reihen der vergangenen 1000 Jahre Kaelte- und
Waermeperioden, teilweise als Folge von veraenderter solarer
Einstrahlung und Vulkanaktivitaet. Die am besten dokumentierte
Kaelteperiode war das sogen. Late Maunder Minimum um 1700, das in vielen
historischen Quellen aus West-Europa dokumentiert ist. Das Wissen um die
Groessenordnung dieser vergangenen Schwankungen ist unverzichtbar fuer
eine Beurteilung der von Menschen gemachten Klimaveraenderung im
Vergleich zu natuerlichen Schwankungen. Umfassende, gemessene
Temperaturreihen liegen allerdings erst seit etwa 150 Jahre vor.

Deshalb werden zur Abschaetzung vergangener Temperaturschwankungen
Proxy-Daten verwendet, die z.B. aus Baumringen, Korallen und
historischen Dokumenten abgeleitet werden. Solche Daten unterliegen
jedoch nicht nur klimatischen, sondern auch nicht-klimatischen
Einfluessen, wie z.B. biologischen oder sozialen. Sie erschweren die
physikalische Interpretation. In diesem Sinne enthalten Proxy-Daten auch
nichtnutzbare Informationen, die als "Noise" bezeichnet werden.
Proxy-Daten sind ausserdem nur begrenzt verfuegbar und nicht
gleichmaessig ueber den Globus verteilt.

Um die vergangene Temperatur global oder fuer die Nordhemisphaere aus
begrenzt aufgeloesten Proxy-Daten zu rekonstruieren, werden statistische
Methoden verwendet, die die raeumliche und saisonale Dichte sowie deren
begrenzten Informationsgehalt der Proxies beruecksichtigen.

Wie gut sind die Rekonstruktionen? Ein direkter Test ihrer Qualitaet ist
nicht moeglich, da die realen Temperaturen der Vergangenheit nicht
bekannt sind. Daher hatte die Wissenschaftlergruppe die Idee, mit
Klimamodellen, wie sie z.B. fuer Klimaaenderungs-Szenarios des 21.
Jahrhunderts benutzt werden, eine plausible Entwicklung des Klimas der
letzten Jahrhunderte zu simulieren und dann die statistischen Methoden
in dieser virtuellen Welt zu testen.

Hierfuer wurden virtuelle Proxy-Daten aus den Modell-Daten abgeleitet,
welche die gleichen statistischen Eigenschaften haben und gleiche Orte
repraesentieren wie reale Proxy-Daten. Der Vorteil ist, dass in dieser
virtuellen Welt alles bekannt ist und die "rekonstruierte" Temperatur
verglichen werden kann mit der "realen" Temperatur. Um eine
Zufaelligkeit der Ergebnisse zu vermeiden, die resultieren wuerde, wenn
nur ein Klima-Modell und nur eine einzige Rekonstruktionsmethode
angewendet werden wuerde, wurde die Untersuchung mit Daten aus zwei
verschiedenen Klima-Modellen und mit mehreren statistischen
Rekonstruktionsmethoden durchgefuehrt.

Die wesentliche Schlussfolgerung dieser Studie ist, dass viele
statistische Methoden, die auf einer linearen Regression beruhen, die
dekadischen und hundertjaehrigen Temperaturschwankungen deutlich
unterschaetzen. Angewendet auf die Modell-Daten ergeben diese Methoden
eine Schaetzung der vergangenen Modell-Temperaturen, die mit der realen
Modell-Temperatur wenig zu tun haben. Auch der Fehler-Bereich beschreibt
den wirklichen Fehler nicht richtig.

Zu der Forschergruppe gehoeren Julie Jones und Eduardo Zorita vom GKSS
Forschungszentrum Geesthacht (Deutschland), Yegor Dimitriev vom
Institute of Numerical Mathematics in Moskau (Russland), Fidel
Gonzalez-Rouco der Universidad Complutense in Madrid (Spanien) und Simon
Tett vom Hadley Centre for Climate prediction in Exeter
(Grossbritannien). Die Arbeit wurde unterstuetzt vom Deutschen
Klimaforschungsprogramm DEKLIM, vom Forschungsprojekt der Europaeischen
Kommission SO&P, durch GMR Kontakte (Grossbritannien) und vom spanischen
CICYT. Die Klimasimulationen wurden durchgefuehrt am Deutschen
Klimarechenzentrum mit dem Klimamodell ECHO-G des Max-Planck Institutes
fuer Meteorologie und seine Modell & Daten Gruppe und am Hadley Centre
for Climate Prediction mit dem Klimamodell HadCM3 (unterstuetzt von
Defra).

Kontaktadresse:
Prof. Hans von Storch, GKSS Forschungszentrum, Institut fuer
Kuestenforschung
D-21502 Geesthacht; email: storch@gkss.de, Tel: +49 4152-871831
mobile: +49 171 212 2046, fax: +49 4152 87 2832.
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